Kinder sollen Kinder sein können und nicht Eltern der Eltern spielen – auch als Erwachsene

Kinder sollen Kinder sein können

Die Website parentifizierung.de will dazu beitragen, sich (wieder) als handlungsfähig zu erleben, wenn es für Kinder zur Überforderung durch Parentifizierung gekommen ist. 

Was ist Parentifizierung?

Parentifizierung ist der Fachbegriff für die Rollenumkehr in Familien. Ein Kind wird stillschweigend oder ausdrücklich dazu verpflichtet, seinen Eltern oder einem Elternteil zur Verfügung zu stehen. Es geht aber nicht um Hilfe beim Rasenmähen oder Einkaufen. Es geht um die Übernahme einer zentralen Rolle. Ein Kind wird dazu angehalten, wie ein Vater, eine Mutter oder ein Partner zu wirken. Als Mediator, als Dienstleister oder als Umsetzer von Lebensträumen / Karrierewünschen. Ein Kind kann auch dafür benutzt werden, einem alleinstehenden Elternteil den Partner zu ersetzen oder bei Streitigkeiten zwischen den Eltern den Anwalt, Schlichter oder Richter zu spielen. Loyalitätskonflikte spielen eine Rolle.

Wie kann Parentifizierung entstehen?

Parentifizierung ist nicht planbar – oft entsteht sie schleichend. Eine Mutter kann bzw. wird natürlich nicht zu ihrem Sohn sagen, dass er in die Rolle ihres Vaters oder Partners gehen und sich um sie kümmern soll.

So passiert es wohl in den seltensten Fällen.

Wenn es zur Parentifizierung kommt, können leise Signale bereits ausreichen, um bei Söhnen und Töchtern ein Hilfsprogramm auszulösen, das sich gegen die Söhne und Töchter richtet.

Haben Sie schon von Fällen gehört, in denen eine Tochter nicht heiratete, um sich der Betreuung der Eltern zu widmen? Oder der Sohn, der seiner kränkelnden Mutter zuliebe zu Hause wohnen blieb und nie den Schritt schaffte, sich eine eigene Familie aufzubauen?

Eine Parentifizierung entsteht auf einem meistens sehr subtilen Niveau, und sie trifft Menschen mit einem großen Mitgefühl. Wer spürt, was der andere fühlt und zu erwarten scheint, „liefert“ es auch ungefragt. Und so entstehen zwischenmenschliche Beziehungen mit einem riskanten Ungleichgewicht. Parentifizierung ist eine Gefahr für das Kind (auch die erwachsene Tochter oder den erwachsenen Sohn), weil es unweigerlich zu Double-Bind-Situationen  und Loyalitätskonflikten kommt.

Warum ist die Rollenumkehr Kind-Erwachsener so riskant?

Kennzeichen jeder Parentifizierung ist in der Regel eine massive Überforderung der Kinder bzw. Jugendlichen. Das überrascht nicht. Schließlich ist ein Kind nicht nur wegen seines Alters überfordert. Die natürliche Rolle des Kindes als Nachfahre von Mutter und Vater verbietet es an sich, intime Themen zu besprechen oder als Beschützer und Berater aufzutreten. Das ist die Rolle der Eltern. Kinder haben ein Recht auf Eltern, die sich wie Eltern verhalten.

Welche Arten von „Verelterlichung“ gibt es?

Instrumentelle Parentifizierung und emotionale Parentifizierung

Man kann zwei Arten der Parentifizierung unterscheiden, auch wenn es Überschneidungen gibt: die instrumentelle und die emotionale Parentifizierung:

Instrumentelle Parentifizierung

Instrumentelle Parentifizierung lässt ein Kind Aufgaben für einen Elternteil oder die Familie oder erledigen. Beispiele:

  • Erziehung und Versorgung jüngerer Geschwister
  • Pflege alter Angehöriger
  • Versorgung psychisch kranker Verwandter

Emotionale Parentifizierung

Von emotionaler Parentifizierung spricht man, wenn Kinder oder Jugendliche zu Psychologen und Beratern innerhalb der Familie ernannt werden. Beispiele:

  • Ein Kind oder Jugendlicher wird zum Partnerersatz eines Elternteils erklärt
  • Kindern wird die Rolle „Vertrauter“ oder „Mediator“ zugeschrieben
  • Das Kind soll zwischen den Eltern vermitteln – oder
  • Es wird von einem Kind erwartet, sich gegen einen Elternteil zu positionieren und damit Partei für den anderen zu ergreifen
  • Interessant ist die Frage, bei wem welche Gefühle bei der Parentifizierung entstehen

Sprachlicher Hintergrund

Parentifizierung (engl. parentification) setzt sich zusammen aus lat. parentes, die Eltern und lat. facere, machen. Es besagt also, dass jemand zu Eltern gemacht wird. Beim Beziehungsphänomen der Parentifizierung oder Parentifikation werden nicht erwachsene oder erwachsene Kinder in bestimmten Lebenssituationen (z. B. Scheidung, Krankheit, Verlust eines Elternteils oder auch emotionale Leere von Eltern) zu Vater bzw. Mutter eines Elternteils erklärt werden. Eine solche Rollenumkehr führt i.d.R. zu massiven Überforderungen. Parentifizierung kann auch entstehen, wenn ein Kind mit dem Ziel gezeugt wird, eine Ehe oder Beziehung zu retten oder zu kitten. Dann lastet auf dem Leben des Kindes eine enorme Hypothek.

Parentifizierung – wenn Kinder von Eltern zu Partnern oder Freunden gemacht werden

Parentifizierung findet nicht nur in Zeiten von Ehekrise, Trennung oder Scheidung statt. Das Phänomen der „Verelterlichung“ ist weit verbreitet.

Kinder geraten schnell in die Rolle von Vertrauten, Beratern oder Mitwissern von Elternteilen. Manche werden für den Fortbestand der Beziehung eingespannt. Andere wieder sollen Partei ergreifen und den Partner ersetzen, wenn es zu einer Trennung der Eltern kommt. Es gibt auch Fälle, in denen Kinder den Eltern oder einem Elternteil das ausgleichen sollen, was den Eltern bzw. dem Elternteil verwehrt geblieben ist: eine Karriere, einen Lebenstraum. Aber nicht nur das zählt zu den Folgen der Parentifizierung.

Warum ist Parentifizierung eine Gefahr?

Parentifizierung – Muster – Erklärung

Parentifizierung: Erklärung eines Musters

Parentifizierung ist eine Gefahr, weil Kinder überfordert sind.
Wenn Kinder in die emotional viel zu großen Schuhe von Erwachsenen gestellt werden, ist die Überforderung vorprogrammiert. Viele Kinder übernehmen solche Rollen im Dienst der Familie oder der Eltern – und nicht wenige behalten sie ein Leben lang.

Fatale Rollenumkehr

Kinder sind aber weder Berater ihrer Eltern noch deren Partner. Und doch kommt es häufig zu genau dieser Rollenumkehr. Die Tochter wird zur Partnerin oder sogar zur Mutter der Mutter. Solche Rollenzuschreibungen schleichen sich ein, sie werden selten explizit erteilt.

Die Rollenumkehr – ich bin jetzt hilflos, und du musst dich wie eine Mutter / wie ein Vater für mich einsetzen, mich retten, mich verteidigen – führt selbstverständlich sofort zu einer massiven Überforderung.

Überforderung ist eine der Auswirkungen einer Rollenumkehr

Parentifizierte (also zu Eltern erklärte) Kinder können in massive Loyalitätskonflikte geraten. Sie kommen in eine Überverantwortlichkeit, fühlen sich zuständig für alles, auch für solche Lebensbereiche, mit denen sie als Kinder nichts zu tun haben sollten. Das gilt auch für das Erwachsenenalter.

Die meistens vertraulichen bis intimen Offenbarungen eines Elternteils kollidieren mit den kindlichen bzw. jugendlichen Wertvorstellungen.

Sie können die Entwicklung und auch die Erwartungen an den jeweiligen Lebensabschnitt durchkreuzen. Es kann auf beiden Seiten nur Verlierer geben. Ein Kind oder Jugendlicher soll sich zwischen seinen ihm angemessenen Träumen und Freiheiten und der „Pflicht“, der Mutter oder dem Vater Stütze und Partner zu sein, entscheiden. Ein unauflösbares Dilemma, solange der Auftrag besteht.

Entscheidet sich der junge Mensch gegen die Rolle als Mutter bzw. Vater seiner Mutter oder seines Vaters (schon beim Lesen wird es schwierig), kann sich ein schlechtes Gewissen entwickeln. Verzichtet der junge Mensch jedoch auf seine Jugend, werden ihm keineswegs Anerkennung und Ausgleich zuteil, sondern meistens eine ständig steigende Erwartungshaltung des zu beelternden Elternteils.

Kinder sind in solchen Lebenslagen oft auf Zehenspitzen und mit weit ausgefahrenen Antennen unterwegs, um sich den Konventionen eines (Familien)Systems anzupassen und nicht anzuecken. Auf die Dauer ist das nicht nur anstrengend, sondern auch sehr hinderlich für die Entwicklung.

Die Rollenumkehr zwischen Elternteil und Kind lässt die Generationsgrenzen im Familiensystem verschwimmen. Das Kind übernimmt Elternfunktionen, obwohl es starke Eltern braucht.

Die Aufmerksamkeit geht nach außen

Die Aufmerksamkeit der von Parentifizierung betroffenen Kinder und Jugendlichen richtet sich vor allem nach außen. Sie haben kaum den Raum dazu, sich um sich selbst zu kümmern. Eines der Kennzeichen von Parentifizierung ist die ständige Sorge um die Eltern bzw. die alleinerziehende Mutter oder den Vater.

  • Geht es den Angehörigen gut?
  • Mache ich alles richtig?
  • Und wenn es mir nicht gelingt, warum versage ich?
  • Was könnte ich außerdem unternehmen, um die Situation meiner Mutter oder meines Vaters zu verbessern?

Hinter solchen Gedankenkreisläufen tritt das eigene Wohlergehen immer mehr in den Hintergrund.

Das Kind bzw. der Jugendliche ist dauerhaft im Dienst, oft auch im Nachtdienst oder Notdienst.

Der Ausweg aus dem Dilemma beginnt mit der Bewusstmachung der Bindungen

Oft gelingt es erst im Erwachsenenalter, die fatalen Bindungen zu entdecken. Häufig aber bleiben viele Parentifizierungen ein Leben lang unentdeckt. Eine aufgedeckte und abgelegte Parentifizierung kann bei entsprechender Bereitschaft zur Aufarbeitung zahlreiche Kompetenzen hervorbringen.

Um möglichst vielen Menschen den Weg zu einem freien Kopf zu bereiten, weise ich hier auf ein Buch hin, das schon vielen Menschen geholfen hat. Klicken Sie sich hier durch die Kapitel von Gedankenwohnung 

Diese Internetseite konzentriert sich auf die Einladung zum Ausstieg aus der Rollenumkehr der Parentifizierung. Wie können Sie aussteigen und eine Rollenumkehr auflösen?

Folgen und Langzeitfolgen von Parentifizierung

Beispiele für Parentifizierungen

Wie kann ich die Parentifizierung auflösen?

Links zum Thema Parentifizierung

Umgekehrte Parentifizierung: Kinder ernennen sich zu Eltern

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Parentifizierung – das Kind im Konflikt zwischen den Eltern

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Außenbeziehung – Fremdgehen: Kind wird zum Partnerersatz

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Doube Binds Beispiele (triviale Ebene) – bei zwischenmenschlicher Kommunikation kommt es zu heftigen inneren Konflikten.

Parentifizierung auflösen – klare Grenzen sind die Basis

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Burnout-Prävention und -Intervention im Marketing

2020 bei Springer Gabler erschienen

„Johannes Faupel hat mit diesem Buch ein ausgezeichnetes Modell vorgelegt, welches Theorie so vermittelt, dass die Praxis, die daraus folgt, in bemerkenswert motivierender Weise zu einer gesundheitsförderlichen, dabei stets wertschätzenden und ermutigenden Praxis führt. Es wird damit zum hoffentlich sehr erfolgreichen Beispiel für gutes Marketing sogar für sich selbst, und einen großen Erfolg und gleichzeitig den Dank vieler Betroffener hat es verdient.“

Dr.med.Dipl.rer.pol. Gunther Schmidt

Ärztlicher Direktor der sysTelios-Klinik für psychosomatische Gesundheitsentwicklung Siedelsbrunn
Leiter des Milton-Erickson-Instituts Heidelberg

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Äste gegen den Himmel© Johannes Faupel
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Die Geschichte vom Nabelband

Äste gegen den Himmel© Johannes Faupel
Horizontale und vertikale Parentifizierung© Johannes Faupel
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Äste gegen den Himmel© Johannes Faupel
Johannes Faupel
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